Aesthetic Perfection – Closer to Human
VÖ: 20.06.2025 | Rezension von Alex
Freunde elektronisch-synthetischer Klänge dürfen Luftsprünge machen, denn Aesthetic Perfection melden sich drei Jahre nach MMXXI zurück – jedoch nicht wie vermutet. Closer to Human ist kein neues Album im klassischen Sinn, sondern eine komplette Neuinterpretation des Debütalbums Close to Human von 2005. Unter der musikalischen Leitung von Daniel Graves wurde jeder Track überarbeitet, neu aufgenommen und mit der Expertise von zwanzig Jahren Sounddesign veredelt.
Auffällig: Einige Originalsongs wie „Relapse“ oder „Ersatz“ fehlen. Dafür haben zwei Raritäten den Sprung ins neue Line-up geschafft: „Beautiful“ und „Master“ stammen ursprünglich vom 2002er-Demo und sind nun die ersten Singles dieser Neuauflage. Es sollte also niemand überraschen, dass hier nichts mehr nach Neunziger-Techno klingt – sondern nach gereiftem Industrial Pop, wie Graves seinen Stil selbst beschreibt. Die Produktion ist klarer, fetter, druckvoller – und dabei voller Gefühl.
Schon der Opener „Human“ macht klar: Hier geht’s nicht um gefällige Hooks für die Nebenbei-Playlist. Hier wird der Spiegel auf Anschlag gehalten. Die Lyrics graben sich ins Hirn, die Produktion drückt und der Gesang ist eine Symbiose aus Verzweiflung, Wut und überraschender Verletzlichkeit. Das neue Arrangement bringt technische Hintergrundgeräusche ins Spiel – subtil, aber wirkungsvoll.
„Belong“ ist ein bösartiger Ohrwurm – eine sarkastische Hymne für alle, die sich irgendwo reinpressen lassen sollen, aber nicht können. „I am everything / I am nothing“ schreit Graves – und es ist genau dieser Dualismus, der Closer to Human so spannend macht. Musikalisch trifft Industrial-Pop auf Futurepop-Basslines, unterlegt mit glitchigem Wahnsinn.
„Fix“ zählt zu den emotionalsten Tracks – ein zerbrochener Monolog, der sich von bitterer Anklage zu Selbstreflexion steigert. In den Strophen ist es fast klaustrophobisch still, bevor der Refrain mit voller Breitseite zuschlägt. Hier ist nichts glatt, nichts berechnet. Der Song wirkt wie ein Ventil für die kaputten Stellen in uns allen.
Auch „Surface“ verdient einen eigenen Platz im Herzen aller, die sich jemals nach innen verloren haben. „At least on the surface, everything is fine“ – selten wurde der Unterschied zwischen Schein und Sein so bitter-schön vertont. Der Refrain schleppt sich verzweifelt durch ein Meer aus Noise, fast trancig, aber immer auf der Kippe.
Was das Album so stark macht, ist der Kontrast: Zwischen clubtauglicher Aggression („Master“, „Beautiful“) und der intimen Zerrissenheit von Songs wie „Overcast“ oder „Coward“. Mal rast das Album mit Elektropunk-Energie durch die Nacht, dann wieder bleibt nur ein Flüstern zwischen den Beats. Und genau darin liegt seine Menschlichkeit.
Produktionstechnisch ist alles auf Anschlag: fett, detailverliebt, manchmal überfordernd – aber nie leer. Jede Spur hat ihren Platz, jede Störung wirkt gewollt. Kein Track fühlt sich wie Füllmaterial an. Das hier ist ein in sich geschlossenes Biest von Album.
Fazit:
Closer to Human ist kein Safe Space. Es ist ein rohes, emotional aufgeladenes Statement mit Tiefgang, Wut und verdammt vielen Synths. Wer Aesthetic Perfection nur als Club-Act kennt, wird hier überrascht. Und wer sie liebt, wird sich noch ein Stück näher kommen – menschlich eben.
Alex empfiehlt: Belong, Sacrifice, Coward
Die Rezension
Closer to Human
Was passiert, wenn du dein eigenes Debüt 20 Jahre später noch mal machst? Richtig: Es wird fetter, fieser und ehrlicher. Daniel Graves hat Close to Human komplett neu aufgenommen – mit mehr Wut, mehr Glanz und null Nostalgie-Kitsch. Das ist keine Retro-Party. Das ist ein Upgrade mit Kante.
PROS
- Starke Neuinterpretation des Debüts
- Gute Balance zwischen Härte und Zugänglichkeit
- Eigenständiger Sound dank Graves’ Handschrift
CONS
- Fehlende Original-Tracks
- Kein Neuland für Kenner
Fazit
- Songwriting & Komposition 0%
- Produktion & Sounddesign 0%
- Stimmung & Atmosphäre 0%
- Originalität & Wiedererkennungswert 0%
- Abwechslung & Dynamik 0%